Welche Brisanz das seit Freitag laufende Meinungsbild, in dem die bayerischen Fußballvereine über die Wertung der pandemiebedingt abgebrochen Saison 2019/2020 abstimmen können, zeigt die Teilnehmerzahl am Webinar des BFV, denn 520 Vertreter aus dem Bezirks Oberbayern holten sich die entsprechenden Infos ein.

Bis Dienstag, 10.00 Uhr können die Vereinsvertreter wählen, ob ein Abbruch der Spielzeit gem. §93 der Spielordnung, der einen normalen Auf- und Abstieg festschreibt, vorgenommen werden soll oder ob dieser Paragraph dahingehend geändert werden soll, dass ein verstärkter Aufstieg der Releganten bei gleichzeitiger Aussetzung des Abstiegs vollzogen wird.

Die Alternativlösung erweist sich auf den ersten Blick als Vorteil für die Vereine, doch wenn man die nächsten beiden Spielzeiten in Betracht zieht, sind auch damit verbundene Nachteile nicht von der Hand zu weisen.

„Mit der Alternativlösung wird sich die Mannschaftsstärke in leistungsstärkeren Ligen deutlich vergrößern, während die unteren Ligen ausgedünnt werden. Zudem wollen wir die Ligen in den nächsten beiden Spielzeiten wieder auf die heutigen Sollzahlen zurückführen, was dann zwangsläufig zu einem deutlich verstärkten Abstieg führen wird“, mahnte der obb. Bezirksvorsitzende Robert Schraudner, betonte aber deutlich, „dass wir völlig ergebnisoffen sind, aber auch die möglichen Folgen aufzeigen müssen“.

Der Kreisvorsitzende aus dem Spielkreis Zugspitze Heinz Eckl zeigte mit Schaubildern, die im Vorfeld anhand von realistischen Prognosen erstellt wurden, die möglichen Szenarien auf. So würde sich die Anzahl der Bezirksligamannschaften von aktuell 46 Mannschaften im nächsten Jahr auf 59 Teilnehmer erhöhen.

„Die Bezirksligen Nord und Ost würden dann jeweils 20 Teams umfassen und es gäbe in beiden Ligen zum Ende der Saison 2021/2022 jeweils 8 Direktabsteiger und zwei Abstiegsreleganten, sodass bis zu 50% aller Vertreter absteigen könnten“, mahnte Eckl und erklärte, dass sich das Szenario in der darauffolgenden Spielzeit bei 18 Mannschaften und 9 Direktabsteigern und einem Releganten sogar noch verschärfen würde.

„Uns ist klar, dass dieser Aufstieg hart ist, aber wir müssen den möglichen Zuwachs an Mannschaften wieder rückführen“, bat Eckl um Verständnis, wies aber noch darauf hin, „dass noch geprüft werden müsse, ob die Anzahl der Absteiger satzungskonform sind“.

Die Sorge einiger Vereine, dass 38 Spieltage, die eine Alternativlösung beanspruchen würde, nicht möglich seien, konnte Schraudner entkräften. „Dessen sind wir uns bewusst, aber mit anderen Spielformen, die schon in Planung sind, können wir ein Saisondurchführung auch mit dieser hohen Anzahl an Vereinen ermöglichen“, erklärte Schraudner, ohne aber auf die Pläne konkret einzugehen.

Das Szenario mit dem verstärkten Abstieg betrifft aber nicht nur die Bezirksliga, sondern auch die weiteren Ligen, wobei diese Thematik überwiegend noch in der Kreisliga bzw -klasse anzutreffen ist.

Bei Umsetzung des §93 würde die Kreisliga Gruppe 2, wo in der Regel die Erdinger Vereine beheimatet sind, bei einer Ligastärke von 14 Mannschaften zwei Teams absteigen und zwei weitere müssten in die Relegation. Sollten sich jedoch die Mehrheit der Vereine für die Alternativlösung entscheiden, würde sich die Ligastärke zwar nur um 2 Vereine erhöhen, doch die Anzahl der Direktabsteiger verdoppelt sich dadurch von 2 auf 4 Mannschaften, während die beiden Releganten unverändert blieben.

Das komplett gleiche Szenario zeichnet sich auch in der Kreisklasse ab, während sich in die A-Klassen bei beiden Abbruchsmöglichkeiten kaum Unterschiede zeigen.

Durch den verstärkten Aufstieg aus den B-Klassen würde es wie bisher bei 13 Mannschaften bleiben. Einziger Unterschied wäre, dass im kommenden Spieljahr anstatt einem nun zwei Teams absteigen müssten und ggf. einem zusätzlichen Verein die Abstiegsrelegation droht.

Schwieriger gestaltet sich die Lage vor allem in der C-Klasse, denn durch den verstärkten Aufstieg verringert sich die Anzahl der Teams maßgeblich. „Dadurch droht die Gefahr, dass einige Gruppen aufgrund zu weniger Mannschaften wegfallen. Durch erforderliche Umgruppierungen sind dann weitere Fahrstrecken möglich“, zeigt Schraudner die Folgen der Alternativlösung auf.

Aber ungeachtet dessen befürwortet der Bezirksvorsitzende das nun laufende Meinungsbild und der Verband will damit die zahlreichen Vereinswünsche nicht ungehört lassen, „denn das ist mein Grundverständnis von Demokratie, sodass der BFV die Entscheidung ausschließlich den Vereinen überlässt“.

Doch selbst wenn das Abstimmungsergebnis die Alternativlösung priorisiert, ist der verstärkte Auf- und der ausgesetzte Abstieg noch nicht in trockenen Tüchern. „Rechtlich kann der Vorstand den in der Satzung genannten Paragraphen nicht ändern, sondern dazu ist ein außerordentlicher Verbandstag notwendig“ erklärt Schraudner die mögliche weitere Vorgehensweise.

Da die Ladungsfrist dazu mindestens 3 Wochen erfordert, ist somit mit im Falle einer Vereinsentscheidung zu Gunsten der Alternativlösung mit einem endgültigen Beschluss erst Mitte Juni zu rechnen, während bei einer einem anderslautenden Meinungsbild ein sofortiger Beschluss möglich wäre.

„Dies heißt für viele Vereine, dass sie unter Umständen bis zum Verbandstag keine Planungssicherheit haben, aber wir würden bei einem eventuellen Verbandstag dafür plädieren, dass die Delegierten für eine von den Vereinen favorisierte Alternativlösung stimmen, können aber die freie Wahlmöglichkeit natürlich nicht beeinflussen“, zeigt Schraudner die Vorstellungen des BFV auf.